Lokomotive Moskau - Borussia Dortmund
1 - 2
26.11.02 , Anstoß 20:45 , Lokomotiv, Moskau
Champions-League
Nach der Auslosung hatte man nur wenige Zeit sich um einen Flug
und das Visum zu kümmern. Daher ein paar Vorworte zur chaotischen
Tourplanung.
Der Flug:
Montag, 18.November:
Nico entdeckt bei traveloverland.de einen preislich recht ansprechenden
Flug. Daraufhin setze ich mich an meinen PC und buche diesen für
Schmiddi, Nico, Moritz und mich 4x Student bzw. unter 26.
Dienstag, 19.November:
Nico meldet sich in erregtem Zustand und sagt mir dass BEST nun
doch ein ganz ordentliches Angebot hätte, für 479Euro inkl. Visum.
Daraufhin nehme ich telefonischen Kontakt mit traveloverland.de auf
und bestreite jemals einen Flug nach Moskau gebucht zu haben,
und dass ich nicht bereit sei aufgrund dieses Irrtums (;)) die
Stornogebühren zu tragen. Der Reiseveranstalter will versuchen
diesen Irrtum aufzudecken.
Mittwoch, 20.November:
Nico meldet sich mit der schlechten Botschaft, dass der Preis bei
BEST zuzüglich Visum sei. Daraufhin rufe ich erneut bei traveloverland.de
an und erkläre denen dass mit der Buchung doch alles in Ordnung sei.
Mein Vater habe für uns die Flüge als Geschenk gebucht. (wie glaubwürdig)
Donnerstag, 21.November:
Aufgrund mehrerer Gespräche mit Reiseprofis erfahre ich dass es
mir mit meinem falschen Alter auf dem Flugschein nicht gelingen
wird nach Russland einzureisen. So langsam bekomme ich kalte Füsse.
Also rufe ich wieder bei traveloverland.de an und frage Sie was
man denn tun könne um bei über 25 Jahren in den Genuss eines
ermässigten Fluges zu kommen. Ich bekomme die Antwort
ich müsse dann in jedem Falle einen Internationalen Studentenausweis
(ISIC) vorlegen. Leider bin ich kein Student. Nach langem Gespräch
mit der Telefon-Support-Dame gestehe ich ihr mit meinem Alter
beschissen zu haben. Nach kurzer Fassungslosigkeit nimmt sie
sich jedoch meiner an und verspricht mir diesen Ausweis gegen
Zusendung irgendeiner Schulbescheinigung und eines Passfotos
zu besorgen und gleichzeitig die Fluggesellschaft über ihren
"Tippfehler bei der Altersangabe" zu informieren.
Freitag, 22. November:
Meine Unterlagen gehen per Kurier raus.
Montag, 25.November:
Passend einen Tag vorm Abflug trifft mein Studentenausweis
ein und alles ist in Ordnung. Jaaaaa!
Das Visum:
Dienstag, 19.November:
Wie schon vorm Spiel in Kiew begebe ich mich in mein Lieblingsreisebüro
um die fürs Visum erforderlichen Möchtegern-Hotelbestätigungen
zu besorgen.
Mittwoch, 20.November:
Das Reisebüro BEST beschliesst aufgrund der Karteieinträge von
Nico und Schmiddi unsere Visas nicht mitzubesorgen.
Donnerstag, 22.November:
Ein Anruf bei der russischen Botschaft ergibt dass unsere
Hotelvoucher nicht ausreichen da diese nur mit einer Referenznummer
des Konsulats gültig seien. Also werden fix 2 Doppelzimmer über
BEST gebucht.
Gleichzeitig erfährt man von Pedro dass die Visas nur per EC-Karte
bezahlt werden können. Da Schmiddi nicht über ein solches Zahlungsmittel
verfügt nehme ich Kontakt zu einem Russen in Bonn auf, der gegen
Aufpreis bei der Visabeschaffung hilft und vereinbare einen Treffpunkt
für den nächsten Morgen. Gleichzeitig kriegen Nico und Schmiddi
irgendwie nicht auf die Reihe genug Bargeld für 4 Visas und den
Russen zusammen zu bekommen. Mitten in der Nacht ist die Summe
dann annähernd zusammen.
Freitag, 23.November:
Am frühen Morgen begibt sich Schmiddi zusammen mit der völlig
überzogenen EC-Karte seiner Mutter nach Bonn.
Dort erweisen sich unsere Dokumente als komplett, so dass man auf
die Hilfe des russischen Abzockers verzichten kann.
Als nächstes fährt Schmiddi zu einer Bank in Bonn und zahlt alles
Bargeld auf das Konto seiner Mutter an. Gleichzeitig ruft der
Russe im 10-Minutentakt auf dem Telefonanschluss meiner Eltern
an und fragt "Wo bleibt Junge?".
Nach Schmiddis Einzahlung verfügt er über 477 Euro. Die Visas
kosten allerdings 480 Euro. Also bekomme ich mitten in einer
Prüfung einen Anruf von ihm dass er 3 Euro zu wenig habe. Unfassbar.
Da er auch keinen Sprit mehr hat verlasse ich schnell den
Prüfungsraum, laufe zur Deutschen Bank und zahle 15 Euro auf
Schmiddis-Mutter-Konto ein.
Wenige Stunden später hält Schmiddi unsere Reisepässe inkl.
Visas in seinen Händen.
Nun aber zum Tourverlauf:
Am frühen Dienstag morgen macht sich unsere kleine Reisegruppe
auf zum Düsseldorfer Flughafen. Dort läuft alles glatt, und bereits
eine Stunde später landen wir in Kopenhagen. Nach ca. 1 Stunde
Aufenthalt gehts dann weiter nach Moskau. Leider wusste die
Bordverpflegung mit Hühnchen auf Erdbeeren nicht sonderlich zu
überzeugen. Gegen Ende des Fluges bekam man dann eine Zollerklärung
ausgehändigt auf der man unter anderem einzutragen hatte wieviel
Bargeld man dabei habe. Nach gelungener Landung und Überprüfung
der Visas kam man nun zum Zoll. Der ganze Flieger stellte sich am
"Red Gate" an wo man dann wohl sein Portemonnaie zu offenbaren
hatte. Spontan ging man einfach durch den "Green Gate" wo nicht
ein einziger Uniformierte stand. Und schon hatte man das nervige
Einreiseprozedere hinter sich gebracht.
Nachdem sich jeder ein paar Rubel getauscht hatte machte man sich
so langsam Gedanken wie man in die Stadt kommen sollte. Immerhin
liegt der Flughafen ja ca. 30km ausserhalb. Man hätte nur natürlich
einem der unzähligen Taxi-Mafiosi zwischen 60 und 80 Euro in den
Rachen werfen können, aber das muss ja nicht sein. Also erkundigte
man sich nach einer möglichen Busverbindung. Wenige Minuten
später befand man sich in einem recht unkomfortablen Linienbus
(oder besser Tiefkühltruhe) wieder und fuhr gen City. Nachdem
man die etwa 20 Cent Fahrtgeld entrichtet hatten dauerte es ca.
1,5 Stunden bis man an der Endstation der Moskauer Metro angekommen
war. Dort löste man ein U-Bahn für ca. 30 Cent pro Person und
fuhr mit einer dieser gigantisch langen Rolltreppen downunder.
Dort hatte man natürlich so seine Problemchen sich zu orientieren,
da wirklich alles nur in kyrillisch ausgeschildert ist.
Trotzdem schaffte man es sich bis nicht einmal zu verfahren.
Nach etwa 1 Stunde U-Bahnfahrt und 1mal umsteigen erreichten wir
die Station Kiewskaya im Südwesten der Stadt. Jetzt hiess es nur
noch unser Hotel zu finden. Vor der Fahrt hatte ich schon ein
Bild dieses rieigen Gebäudes gesehen und daher müsste es ja leicht
zu finden sein. Leider gibt es, wie man später erfuhr, 7 dieser
Monsterbauten in Moskau. So lief man zunächst in die falsche
Richtung bis wir bemerkten, dass unser Hotel ja westlich des grossen
Flusses (Moskva) liegen musste. Nach einem halbstündigen Marsch durch die
beißende Kälte erreichten wir dann unser Hotel Ukraina.
Dieses Gebäude könnte auch gut in einer amerikansischen Großstadt
stehen. Nach erfolgreichem Einchecken wurden schnell die Klamotten
aufs Zimmer gebracht und weiter gings. Mitlerweile hatte Thilo
vom Fanprojekt angerufen, und uns angeboten mit den anderen BEST-Ottos
zusammen per Bus zum Stadion zu fahren. Dafür mussten wir nur
zum Hotel National am Kreml kommen. An einer Bushaltestelle vorm
Hotel wartete man ca. 10 Minuten gar nicht sicher wissend ob
überhaupt ein richtiger Bus vorbeikommen würde. Als dieser war
man doch recht glücklich, da man so ganz gut in der Zeit lag.
Doch wenig später kam die Ernüchterung. In Moskau herrschte ein
einziges Verkehrschaos. Als sich minutenlang nix mehr tat frug
man die Kutscherin wie lange es bis zum Kreml denn wohl noch
dauern würde. Diese meinte im gebrochenen Englisch: Ca. 1,5 Stunden.
Unser Treffpunkt am Hotel National war aber schon in 20 Minuten.
So rannte man auf Anraten eines anderen Fahrgastes aus dem Bus,
quer durch einen Park in dem sich eine Gruppe Jugendliche die
Kirschen verkromten bis man endlich an einer Metro-Station ankam.
Flott wieder runter in die Bahn und wieder die richtige Linie
erwischt. Am Kreml raus, im Sprint über eien 8spurige Strasse
und siehe da, wir waren pünktlich. Im Hotelfoyer hatten sich schon
die ganzen Neckermänner versammelt, aber auch die anderen
restlichen Individualreisenden Pedro, Ralle und Shorty waren da.
Nach einem kurzen Schwätzchen ging es dann per Reisebus zum
Lokomotiv-Stadion, welches sich am anderen Ende der Stadt im Nordosten
befindet. Zu Fuß wäre man wahrscheinlich schneller gewesen,
da die meiste Zeit nur im Schrittempo gefahren werden konnte.
So sah man wenigstens noch etwas von der City und lauschte der
immerzu lachenden russischen Reisebegleitung.
Nachdem der Bus direkt hinterm Stadion geparkt hatte kamen auch
schon unzählige Jugendliche auf uns zu die Schals tauschen wollten.
Zu Anfeindungen kam es in keinerlei Weise.
Die ersten schlechten Erfahrungen mit den Russen machte man dann
erst als wir das Stadion betraten. Die Cops am Eingang stellten
total auf sturr und wollten weder Rucksäcke noch Zaunfahnen
dulden. Nach langem Hin und Her wurde dann ein Übersetzer gerufen,
der die Aufschriften unserer Fahnen entziffern sollte.
Der kam zwar nicht, dafür half uns ein Russisch-Student aus Deutschland.
Zumindest brachte er Ivan und Co. dazu uns wenigstens mit unseren
ganzen Klodden reinzulassen.
Die nächste Schikane gabs 5 Meter weiter am Blockeingang.
Man sollte seine Taschen entleeren und wurde penibel gefilzt.
Allerdings dürften diese Vollasseln nicht im Sinn gehabt haben
irgendwelche spitzen Gegenstände bei uns zu finden, sondern
Bargeld das sie uns abnehmen konnten. So geschah es zum Beispiel
Nico der von einem Bullen abgelenkt wurde, während der andere
ihm seine Rubelscheine stibbitzte. Machen oder sagen konnte
man dagegen nix. Wer sich einmischte durfte höchstens seinen
im Hotel liegenden Reisepass vorzeigen, bzw. 5 Dollar Strafe
zahlen. Jaja, es sind schon gastliche Gastgeber. Man fühlte sich
streckenweise echt wie Tiere.
Das Stadion ist erst vor kurzem Generalrenoviert worden,
und hat ein wenig Ähnlichkeit mit der Hamburger AOL-Arena.
Nur etwas kleiner. Im Gegensatz zum Spiel letztes Jahr in Kiew
hatten wir diesmal sogar einen eigenen Block. Dafür gabs in diesem
Block weder was zu Essen noch zu Trinken. Nachdem mein
Rucksack zum x-ten Mal von so einem fetten Schw.. durchsucht
worden war ging das Spiel auch schon los. In unserem Block
waren neben den aus Deutschland angereisten wenigen Leuten auch
ein paar Umlandfans. Jaja, wir haben sogar hier welche. Diese
gingen mir aber schon nach kurzer Zeit ziemlich auf den Sack,
da sie versuchten jedes Lied mitzusingen; natürlich ohne
Textkenntnis. Das hörte sich dann meistens so an: aaaooaoooaoao
ooaooa, Dorrrrrtmuuund!
Oder so ähnlich. Der Support in unserem Block war gleich null.
Woran es gelegen hat ist schwer zu sagen. Man war schon sehr
schockiert über die Korruptheit der Polizisten; vielleicht war
es aber auch nur zu kalt. Die Moskauer Zuschauer taten was die
Leute im Ostblock alle ganz gut können. Sinnlos in irgendwelche
Tröten blasen. Na gut, abundzu gabs auch Support.
Der BVB kam zunächst mit dem harten Boden überhaupt nicht zu recht
und geriet in Rückstand. Fast im direkten Gegenzug fiel jedoch
der Ausgleich. Ein BVB-Fan aus Weimar jubelte den Russen wohl
zu stark und bekam erstmal einen mit dem Knüppel. Auch Pedro
sollte aus dem Stadion geschmissen werden, da er auf eine Sitzschale
getreten war. Aber unser studentischer Übersetzer half erneut.
In der 2. Hälfte kam der BVB dann noch zum Siegtreffer.
Alles in allem sogar verdient. Nun folgte die auf internationale
Ebene übliche Blocksperre. Nach einer halben Stunde wurde man
durch einen Polizei- und Militärkessel zu den Bussen geführt.
Glücklicherweise war die Jugendmannschaft des Mannheimer EHC
auch mit einem Bus vor Ort und mussten zum gleichen Hotel wie wir.
So konnten wir uns eine vielleicht unangenehme nächtliche
Metrofahrt sparen. In der mit Nutten überbevölkerten Hotelbar
zischte man noch ein paar Pilze bevor es aufs Zimmer ging.
Dort wurde noch ein wenig der Pornokanal supportet. Am nächsten
Morgen wollten Moritz und ich eigentlich noch mal zum Kreml,
doch irgendwie kam ich nicht aus den Federn. War aber auch scheiss
Wetter.
Gegen 11 Uhr gings dann wieder zu Fuss zur Metro, von da aus
mit der U-Bahn zur Endstation und weiter per Bus zum Flughafen.
Hier verlor Nico zwischenzeitlich seinen Flugschein, wurde aber
glücklicherweise wieder gefunden. Am Zoll hatte man erneut Glück
da unser Kontrolleur ein wenig im Stress zu sein schien
und somit auf einen Blick ins Portemonnaie verzichtete.
Der Rest der Tour lief dann glatt. Nach Umstieg in Kopenhagen
landete man gegen 19h15 in Düsseldorf und fuhr nach Hause.