Äthiopien - Mauretanien
6 - 1

 

22.06.08 , Anstoß 16:00 , National Stadium, Addis Abeba
WM 2010 Qualifikation

 

Da man nicht wirklich Lust hatte der EM beizuwohnen und sich mitlerweile ein paar Tausend Meilen auf dem Guthabenkonto befinden ging es heute per Lufthansa-Freiflug nach Äthiopien. Samstag morgen gegen 6h Arthur in Kamen eingesammelt und zum Flughafen nach Frankfurt geballert. Nach erfolgtem Check-In gings dann in ca. 5 Stunden ins sudanesische Khartoum. Dort stiegen einige Passagiere zu bzw. aus und der Flieger musste wieder aufgetankt werden. Dank dessen kam die fast 40 Grad warme Luft von draussen herein. So war man froh dass es nach 1 Stunde endlich weiter ging. Gegen 20h in Addis Abeba gelandet war nun die erste Hürde das Visum zu bekommen. Eigentlich ganz easy. Man füllt ein Formular aus und drückt 20 US-Dollar ab. Wären da nicht 5 Personen die für dieses Prozedere verantwortlich sind und nicht wissen was der andere macht. So flogen Geldscheine, Pässe und Visa-Aufkleber hinundher. Unfassbar. Was für eine Organisation. Danach wurde noch ne Stunde in dem recht modernen Flughafen abgeasselt und bereits das leckere einheimische "St. George"-Bier getestet, ehe uns Kollege Walsall-Neil und sein Fahrer Mesfin abholten. Neil arbeitet seit ca. 1 1/2 Jahren in der Britischen Botschaft hier in Addis Abeba. So zeigte er uns die Rolltreppe im Flughafen, welche die einzige in ganz Äthiopien sei und erst vor wenigen Wochen eingeweiht wurde. Zur Eröffnung kamen Tausende von Leuten und noch tagelang fuhren Einheimische Stunden lang rauf und runter. Die Rolltreppe ist übrigens ein Geschenk der Italiener, wo das gute Stück durch die Sicherheitskontrolle fiel.
Mitlerweile war es natürlich schon dunkel draussen und so ging es im Botschaftsjeap direkt zur British Embassy. Von großen Mauern und schweren Toren umgeben befindet sich diese nicht allzuweit des Flughafens. Bei der Einfahrt wurde das Fahrzeug zunächst mitteils langen Spiegeln nach Bomben durchsucht. Diese Prozedur sollte sich die nächsten Tage immer wiederholen. In Neils Haus angekommen wurde dann im TV noch Holland - Russland geschaut, ehe es zu Bett ging.
Gegen 10h morgens machte man sich dann auf die Stadt zu erkunden. Nun bei Tageslicht bekam man erst mit unter welchen Bedingungen hier einige Menschen leben müssen. Besonders oberhalb der britischen Botschaft steht eine Blechhütte neben der anderen. No go!
Weiter ging es dann entlang des grossen Marktes rauf auf den Mount Entoto (ca. 3500 Meter), von dem man eine gute Aussicht auf die ganze Stadt hat. Addis Abeba ist mit ca. 3000 Meter übrigens die 3. höchstgelegene Hauptstadt der Welt. Aufgrunddeseen kann man hier auf eine Malariaprophylaxe bedenkenlos verzichten. Oben angekommen wurde noch ein Tempel begutachtet, ein paar Taler an bettelnde Kinder abgedrückt und das Museum besucht. Letzteres war allerdings ziemlich sinnlos. Auf dem Rückweg knüpfte man dann erste Kontakte mit der Landbevölkerung. (Selbst hier kennt man Ballack ;))
Via nationalem Denkmal ging es dann zum Nationalstadion. Hier war schon gut 2 Stunden vor Kick off ordentlich was los. Haupttribünen-Ticket für 70 Birr (10 Birr = 1 US-Dollar) geholt und noch ne Runde um den Ground gedreht. An den Essständen stank es teilweise ganz ordentlich da Äthiopier gerne rohes Fleisch essen. An mehreren Eingängen der Gegengerade wurde versucht ins Stadion zu kommen um ein Foto von der Haupttribüne zu machen aber vergebens.
Dann auf der Haupttribüne auf einer der Stühle Platz genommen und die Nationalhymnen auf sich wirken lassen. Klang irgendwie recht schief. Die Ausgangsposition war klar: Äthiopien musste dieses Spiel gewinnen um weiterhin Chancen zu wahren die nächste Quali-Runde zu erreichen. Die Mauretanier waren hingegen jetzt schon fast chancenlos. Auf dem Acker entwickelte sich ein richtig unterhaltsamer Kick mit Traumtoren. Lediglich das völlig überforderte, malawische Schirigespann unterbrach den Spielfluss ständig. Zwischendurch verteilten die Spieler mal Backpfeifen untereinander oder wollten dem Referee an den Kragen. Afrika halt. Neben den Trainerbänken befanden sich jeweils 4 Jugendliche mit weissen Kitteln die nach jedem Foul wie bescheuert auf den Platz rannten um den Gefoulten abzutransportieren. Teilweise ein richtiges Wettrennen der beiden rivalisierenden Sanitätergangs ;) Nach dem 3-1 für Äthiopien liefen die Sanitäter feiernderweise rum und warfen die Trage in die Luft, woraufhin die mauretanischen Offiziellen verlangten die Männer in weiss aus dem Innenraum zu verweisen. Absolut kult.
Nach dem Kick platzten dann alle Dämme und Hunderte liefen auf den Platz, bis das Militär einschritt und auf alles einprügelte was nicht schnell genug wieder über den Zaun war. (siehe Video) Alles in allem ein richtig geiler Spielbesuch. Teilweise ganz ordentlicher Support, fast volles, leicht verfallenes Stadion und super Tore.
Hochzufrieden harrte man noch ein bischen aus da auf den Strassen leichtes Chaos war und man noch Leer-Fotos schiessen wollte.
Nach kurzem Aufenthalt im New Yorker, ein vom Teamchef empfohlenes Restaurant (der Mangosaft war wirklich gut) gings dann in "Franks Pub". Ein Art Freilichtbühne mit Livemusik und gekonnter Tanzdarbietung einheimischer Schönheiten. Beim leckeren und sensationell günstigen St.Georges Beer liess es sich hier prima aushalten. Schon unglaublich was es hier für nette Ecken gibt und was man sich eigentlich so unter Addis Abeba vorstellt. Der Klassenunterschied ist hier allerdings größer als an den meisten anderen Plätzen dieser Welt. Auf der einen Strassenseite sitzen modern gekleidete Leute die sich ihren Cappucino trinken und, wie selbst gesehen, ein halbes Stück Kuchen übrig lassen, eine Strasse weiter hingegen leben Menschen im Dreck und wissen nicht was sie essen sollen. So war es dann fast logische Konsequenz dass wir ständig Kleingeld und Kekse verteilten. Zeitig gings dann aber zurück in die britische Botschaft um sich noch das EM-Viertelfinale Spanien-Italien anzuschauen.
Am Montag musste Neil natürlich wieder arbeiten sodass man ohne ihn die Stadt erkunden fuhr. Auch heute erlebte man so einiges in punkto Verkehr und Verkehrsmittel. Das gängigste Verkehrsmittel hier sind übrigens die vollgestopften blau-weissen Minibusse die von den einheimischen liebevoll "El-Kaida" genannt werden, da durch sie so viele Menschen ums leben kommen. Unser erstes Ziel war das 2. große Stadion der Hauptstadt wo man uns aber das Fotografieren verwehrte mit der Begründung das ein Stadion ja kein Museum sei. Sinnlos. Weiter gings zum Büro von Marathon-Legende Haile Gebreselassie. Ein Kuttenfoto mit dieser Sportikone kam jedoch mangels seiner Anwesenheit nicht zu stande. Nach kurzem Besuch bei Ethio-Sport, einem nationalem Sportberichterstatter gings zum letzter Kulturpunkt, die Milleniumausstellung . Ja, richtig gelesen. Da es in Äthiopien 13 Monate gibt (12 x 30 Tage und 1 x 5 Tage (6 Tage bei Schaltjahr) befindet man sich grad im Jahr 2000. Noch sinnloser ist hier die Tageszeitangabe. Offiziell sind die Äthiopier den Deutschen nur eine Stunde vorraus, aber da der Einheimische 6h morgens als Tagesbeginn (also 0h) setzt ist die Verwirrung perfekt. Naja, wenigstens machte es Spass Kollege Arthur auf Nachfrage nur die Sinnlos-Äthiopien-Zeit zu sagen.
Das Mittagessen wurde dekadenterweise im Hilton-Hotel abgehalten. Großes Menu mit Getränken lag bei ca. 8 Dollar.
Nach kurzem Bestaunen ostafrikanischer Gerüstbaukunst ging es in eine deutsche Bar wo man 2 Chinesen kennenlernte und sich über Deutschland, China etc. unterhielt. Mit der Zeit mutierte das Treffen allerdings zum fetten Saufgelage mit Bier ausm 3-Liter-Tower sowie Kümmerling und Tequila. Später gesellte sich ein weiterer Chinese samt seiner zuckersüssen Freundin noch dazu. Spass ohne Ende war angesagt, nicht zuletzt aufgrund des von uns nur Mr. Wang genannten Asiaten der ständig zum "Kampé" sprich Ex-Trinken aufforderte.
Gegen 17h30 gings flott zurück in die Botschaft um Neil einzusammeln und sich erneut mit den liebgewonnenen Schlitzaugen in einem Chinarestaurant zu treffen. Hier gabs neben reichlich Bier auch einen ganzen Tisch voll essen und die mit Heimvorteil bestanden darauf zu zahlen. Gegen 21h dann schweren Herzens von der ganzen Runde verabschiedet und von Mesfin zum Flughafen bringen lassen.
Nach erneuter Zwischenlandung in Kahrtoum erreichte man Frankfurt um 6h am Dienstag morgen.
Alles in allem eine der geilsten Touren überhaupt.
Thanks for all, Neil and Mesfin! See you in Kigali ;)

 





































Äthiopien v Mauretanien (Nach Abpfiff) - MyVideo